Frau Kaiser, wie sind Sie zur Hospizarbeit gekommen?
Die Hospizarbeit war total fremdes Land für mich. Ich habe mich vorher mit diesen Themen überhaupt nicht auseinandergesetzt. Das war für mich eine riesige Herausforderung. Meine Familie meinte, das würde ich nie schaffen. Ich sei so sensibel, dass ich mit jedem mitsterben würde. Aber es ging gut. Ich konnte gut mit den Verstorbenen und Angehörigen umgehen.
Die Ursprungsidee ist tatsächlich, dass Sterben und Tod wieder zum Leben gehören
Frau Dietl, was bedeutet die Hospizarbeit für Sie?
Die Hospizarbeit ist mir an´s Herz gewachsen. Für mich ist da ein sehr großer vielfältiger Gestaltungsspielraum: der direkte Kontakt mit den Menschen, ambulante Hospiz-, Bildungs- und Trauerarbeit, Zusammenarbeit mit Verbänden und Krankenkassen, Rahmenbedingungen schaffen und schauen, wie Qualität und Gesetzgebung umgesetzt werden können. Wir sind eine sehr kleine wirtschaftlich eigenständige Einrichtung mit kurzen Entscheidungswegen. Das ist für meine Arbeit einerseits eine Herausforderung, aber auch sehr spannend, weil ich wirklich die Möglichkeit habe, zu gestalten. Eine tagtägliche Herausforderung sehe ich in der Umsetzung des Hospiz- und Palliativgesetzes. Einerseits bietet es vielfältige Ansätze, andererseits stoßen wir in der Praxis an Versorgungsgrenzen, die überwunden werden müssen. Nur so kann eine bestmögliche Versorgung eines schwerkranken Menschen am Lebensende in all ihren Facetten gelingen. Das Wichtigste ist tatsächlich Netzwerken.
Unsere Ehrenamtlichen sind ein Spiegel der Gesellschaft
Frau Wirth, was ist Ihre Aufgabe? Ich bin Leiterin des ambulanten Hospiz- und Kinderhospizdienstes in Halle. Wir bereiten Ehrenamtliche vor, dass sie in die Begleitung von schwerkranken Menschen gehen können. Personen, die unseren Vorbereitungskurs besuchen möchten, sind sehr vielfältig, sie sind ein Spiegel der Gesellschaft. Bevor eine Begleitung beginnt, führen die Koordinatorinnen ein Erstgespräch in den Familien. Sie kennen die Ehrenamtlichen gut und wissen, wer zu welcher Familie passt. Denn unsere Mitarbeiter sind nicht nur für den kranken Menschen da, sondern auch für die Familie.
Zum vierten Mal verleiht das Hospiz- und Palliativzentrum Heinrich Pera die Heinrich Pera Medaille. 2019 wird das Projekt ‚Endlich‘ ausgezeichnet. Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen 9 bis 13 können sich im Projektunterricht zusammen mit Lehrkräften und Hospizmitarbeitern mit den Themen ‚Sterben, Tod und Trauer‘ auseinandersetzen. Mit Freude erwarten wir die Preisträgerinnen Nicole Nolden, Kirsten Fay, Dr. Birgit Weihrauch und den Preisträger Prof. Dr. Raymond Voltz.
Herr Dr. Asperger, hat sich der Umgang mit dem Tod im Laufe ihrer ärztlichen Tätigkeit verändert? Es ist insgesamt differenzierter, aber auch komplizierter geworden. Im nahen Umfeld trägt vieles dazu bei, Sterbenden dem nahenden Tod mit Würde und ohne Angst entgegen zu sehen. Durch Palliativstationen, Hospize, vor allem aber auch das Sprechen über das Problem Tod und Sterben hat zu einer Verbesserung des Umgangs mit dem Thema beigetragen. Aber die Situation an sich, in der Gesellschaft, ist wesentlich schwieriger geworden, weil der Tod nicht mehr dazu gehört. Eigentlich leben wir in einer Konsumgesellschaft, in der das Leben zählt das schöne, erfolgreiche und möglichst lange. Für viele eine Gesellschaft, in der Schönheit und Sportlichkeit zählt und all das, was man tut, damit man nicht stirbt. Viele denken, Sterben gibt es nicht.
Der ambulante Kinderhospizdienst war vom 1. bis 5. April 2019 wieder mit dem Projekt „Hospiz macht Schule“ in der Montessori-Schule Halle. Unser besonderer Dank für die kreative Umsetzung dieser Woche geht an die beteiligten Ehrenamtlichen, Gabriele Kleine, Anne Kunze, Karla Müller, Helga Obst, Frederic Quink und Ingeborg Schellmann.
„Ich fand schön, dass wir über Sterben und Traurigsein reden konnten. Das macht man sonst nicht.“
Auch in diesem Jahr besuchten sechs ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und ein Mitarbeiter die Montessori-Schule an den Franckeschen Stiftungen, um im Rahmen des Projektes „Hospiz macht Schule“ mit den Kleinen über ein großes Thema zu sprechen.