Es beginnt häufig mit einer Idee, für die sich Menschen begeistern und engagieren. So auch in Halle (Saale), wo die Hospizbewegung eng mit Heinrich Pera verknüpft ist. 1975 begann der Pfarrer seinen Dienst als Klinikseelsorger in den staatlichen Krankenhäusern in Halle (Saale). Hier erlebte er die psychosoziale Betreuung schwerkranker Menschen als mangelhaft.
Heinrich Pera selbst äußerte es so: „Die nicht selten nur einmaligen Kontaktmöglichkeiten mit Patienten – vor allem mit jenen, die physisch und psychisch schwer zu leiden haben – erschienen mir mehr und mehr als unzureichend.“
Daraus erwuchs die Idee einer Krisenberatung, die in der damaligen DDR Schutz im St. Elisabeth-Krankenhaus Halle (Saale) finden konnte.
Es entstand die Zeitoase, wo Menschen in Gesprächen Beratung und Begleitung fanden. 1985 brachte Heinrich Pera, motiviert durch Hospitationen in englischen Hospizen, die Hospizidee in die Saalestadt. Hier begann der katholische Pfarrer einen ambulanten Hospizdienst aufzubauen. Aus damaliger Sicht wahrlich kein leichtes Unterfangen. Das Entstehen und Arbeiten einer Hospizgruppe in der DDR war nur im Schutze der Kirche möglich. Begegnungsstätten für Menschen in Krisensituationen ließen sich nur schwer mit dem vermeintlich sozialistischen Weltbild vereinbaren. Wieder fand er im St. Elisabeth-Krankenhaus Halle (Saale) einen Ort, von dem aus die Hospizbewegung wachsen konnte.
Eine kleine Gruppe Ehrenamtlicher bestehend aus zwei Ärzten, zwei Krankenschwestern, zwei Sozialarbeitern und einem Seelsorger suchten mit Schwerkranken, die ihren letzten Lebensabschnitt zu Hause leben wollten, nach Wegen, diesen Wunsch zu erfüllen. Um die politische Wendezeit in der DDR entstanden dann die ersten Helfergruppen. Dies war ein weiterer wichtiger Schritt für die Umsetzung des Hospizgedankens, die ohne ehrenamtliches Engagement nicht möglich ist. In einem Grundseminar wurden die Helfer kostenlos auf ihren Dienst als Ehrenamtliche in der ambulanten Betreuung vorbereitet.
Im Mai 1989 reisten eine Ärztin und eine Krankenschwester aus der halleschen Hospizgruppe nach London. Sie folgten einer Einladung des St. Christopher Hospiz, um auf dem Hospizkongress in London über ihre Arbeit zu berichten. Initiiert durch das Hospizteam aus Halle, konnte auf dem 1. Hospizkongress im September 1989 das Anliegen der Hospizbewegung knapp 200 Personen aus kirchlichen Krankenhäusern der DDR nahegebracht werden.
Hierbei wurden sie von in der Hospizbewegung tätigen Menschen aus England und den westlichen Bundesländern unterstützt. Knapp zwei Jahre später, am 23. Juni 1991 gründete sich aus dieser Hospizinitiative heraus der hallesche Hospiz-Hausbetreuung e.V.. Die politische Wende in der DDR ermöglichte den Zusammenschluss, der nun auch rechtliches Handeln als Gemeinschaft zuließ. Zur Gründung zählte der Verein 13 Mitglieder.
Sein Ziel war „die Begleitung und Betreuung unheilbar Kranker und Sterbender und deren Angehöriger ... unter Leitung fachkundiger Personen.“
Eine weitere Aufgabe sah der Verein zunächst darin, sein Anliegen der Öffentlichkeit nahezubringen, um Mitglieder zu gewinnen, die ihn aktiv durch ihre Mitarbeit in der Sterbebegleitung (ordentliche Mitglieder) oder passiv, also insbesondere materiell (Fördermitglieder) in der Erfüllung seiner Aufgaben unterstützen.
Schon im Frühjahr 1992 wurde das Angebot vom Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung an den Verein heran getragen, ein Pilotprojekt aufzubauen. Ziel war es, ein Netzwerk aus ambulanten und stationären Diensten unter einem Dach zu schaffen. Hinzu kam als ergänzender Teil der ambulanten Betreuung das Tageshospiz, in dem schwerkranke Menschen betreut und psychosozial begleitet wurden. Daraufhin mietete der Verein eine Wohnung von ca. 200 m² in der Nähe des St. Elisabeth-Krankenhauses Halle (Saale) an, in der das Verwaltungs- und Ausbildungszentrum etabliert wurde. In diesen Räumen fand dann auch die Begleitung der Gruppen des Tageshospizes statt, das am 13. Mai 1993 als erstes Tageshospiz in Deutschland eröffnet wurde.
Die ersten hauptamtlichen Mitarbeiter wurden eingestellt. Ein Krankenpfleger und ein Verwaltungsleiter konnten über Zuwendungen finanziert werden. Für die Förderung als Bundesmodellprojekt durch das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung war die Mitgliedschaft in einem Wohlfahrtsverband oder Trägerschaft in Form einer gGmbH Voraussetzung. So gründete im August 1993 der Hospiz-Hausbetreuung am St. Elisabeth-Krankenhaus e.V. mit der Katholischen Wohltätigkeitsanstalt zur Heiligen Elisabeth Halle (Saale) und den Franziskanern der sächsischen Provinz zum Heiligen Kreuz eine gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Der Verein fand laut Konzept in den zwei anderen Gesellschaftern Träger, „... die motiviert sind durch ihr christliches soziales Engagement in der heutigen Zeit; mit unseren Möglichkeiten auf die Nöte der Menschen, eine Antwort zu suchen und zu geben“, und die die finanzielle Voraussetzung mitbrachten, das zur Gründung einer GmbH notwendige Stammkapital zu erbringen.
Die rechtliche Grundlage für die Umsetzung des Pilotprojektes war damit gegeben. Die finanziellen Mittel für die Errichtung des Hospizes kamen in Form von Fördergeldern zu 75 Prozent vom Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung aus Bonn, zu 10 Prozent vom Land Sachsen-Anhalt und zu 5 Prozent von der Stadt Halle (Saale).
Die verbleibenden 10 Prozent wurden durch den Verkauf eines Baugrundstückes (1.200 m²) in Halle (Saale), das der Verein als großzügige Spende erhalten hatte, als Eigenleistung erbracht. Vom St. Elisabeth-Krankenhaus Halle (Saale) erwarb die Hospiz am St. Elisabeth-Krankenhaus gGmbH Halle (Saale) die geeigneten Räumlichkeiten als Teileigentum, die jedoch noch Um- und Ausbaumaßnahmen sowie der Sanierung bedurften. In der Folgezeit war es die Aufgabe der zwei Geschäftsführer Heinrich Pera und Rudolf Stinemeier, die inhaltliche Arbeit fortzuführen und die mit der Errichtung des Hospizes verbundene Bauplanung und -finanzierung zu bewältigen. Gleichzeitig galt ihr Engagement auch der Anerkennung der Hospizdienste auf Bundesebene. Von der 1992 in Halle (Saale) gegründeten Bundesarbeitsgemeinschaft Hospiz zur Förderung von ambulanten, teilstationären und stationären Hospizen und Palliativmedizin e.V., unter dem damaligen Vorsitz von Heinrich Pera, gingen die Bemühungen aus, die Hospize in Deutschland bundeseinheitlichem Recht zu unterziehen.
Der Verdienst von Heinrich Pera und Rudolf Stinemeier ist es vor allem, dass im Dezember 1996 das Hospiz Halle (Saale) mit den ambulanten Diensten, dem Tageshospiz und dem stationären Bereich unter einem Dach eröffnet wurde.
Außerdem ist es 1997 der Bundesarbeitsgemeinschaft Hospize mit der Aufnahme des § 39a in das SGB V gelungen, eine Rechtsverpflichtung der Sozialversicherungsträger für die Kostenübernahme zu erzielen.
Das Hospiz mit seinen vielfältigen Angeboten ist ein Vermächtnis von Pfarrer Heinrich Pera, der im März 2004 starb. Das Hospiz in seinem Sinne weiterzuführen ist uns Auftrag und Verpflichtung.
Am 29. September 2010 beschloss der Stadtrat die Taubenstraße, in der sich das hallesche Hospiz befindet, in Heinrich-Pera-Straße umzubenennen. Damit wird Pfarrer Heinrich Pera, Begründer der Hospizbewegung in Halle und erster Vorsitzender des 1992 in Halle gegründeten heutigen Deutschen Hospiz- und Palliativverbandes für seine Verdienste geehrt.
Am 1. Februar 2023, mehr als 30 Jahre nach Beginn der Hospizarbeit durch Heinrich Pera, beziehen wir das neue Haus: Das Heinrich-Pera-Hospiz.