Die Ursprungsidee ist tatsächlich, dass Sterben und Tod wieder zum Leben gehören
Frau Dietl, was bedeutet die Hospizarbeit für Sie?
Die Hospizarbeit ist mir an´s Herz gewachsen. Für mich ist da ein sehr großer vielfältiger Gestaltungsspielraum: der direkte Kontakt mit den Menschen, ambulante Hospiz-, Bildungs- und Trauerarbeit, Zusammenarbeit mit Verbänden und Krankenkassen, Rahmenbedingungen schaffen und schauen, wie Qualität und Gesetzgebung umgesetzt werden können. Wir sind eine sehr kleine wirtschaftlich eigenständige Einrichtung mit kurzen Entscheidungswegen. Das ist für meine Arbeit einerseits eine Herausforderung, aber auch sehr spannend, weil ich wirklich die Möglichkeit habe, zu gestalten. Eine tagtägliche Herausforderung sehe ich in der Umsetzung des Hospiz- und Palliativgesetzes. Einerseits bietet es vielfältige Ansätze, andererseits stoßen wir in der Praxis an Versorgungsgrenzen, die überwunden werden müssen. Nur so kann eine bestmögliche Versorgung eines schwerkranken Menschen am Lebensende in all ihren Facetten gelingen. Das Wichtigste ist tatsächlich Netzwerken.
Unser Auftrag ist vor allem aber auch gesellschaftspolitisch motiviert. Es geht nicht nur um das stationäre Hospiz, sondern eben auch um den Hospizgedanken. Unsere vielen ehrenamtlichen Mitarbeiter, Freunde und Förderer tragen diesen nach außen. Die Ursprungsidee ist tatsächlich, dass Sterben und Tod wieder zum Leben gehören und damit am Ende das Hospiz als Institution sich selbst überflüssig macht.
Ich selbst wollte früher immer eher schnell sterben, umfallen und fertig, die Kontrolle behalten. Heute sehe ich das anders, und ich finde es erwärmend, mir vorzustellen, hier sterben zu können. Da ist eine Geborgenheit, die ich kenne und in die ich mich hineinbegeben könnte. Aber ich habe eben auch gelernt, dass ich mir einen inneren Raum schaffen kann, in den ich mich zurückziehen kann. Ich bin gelassener geworden, im gesamten Leben.
Kathrin Dietl ist die Geschäftsführerin des Hospizes am St. Elisabeth-Krankenhaus in Halle (Saale)